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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 14.1899

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Graef, Botho: Zum archaischen Marmorkopf aus der Sammlung Saburoff im Berliner Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.41309#0097
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ZUM ARCHAISCHEN MARMORKOPF
AUS DER
SAMMLUNG SABUROFF IM BERLINER MUSEUM.
Der archaische Marmorkopf in Berlin, welcher aus der Sammlung Saburoff
stammt, ein bisher einzig dastehendes Kleinod altattischer Kunst, fällt bekanntlich
durch seine Haartracht aus der Reihe gleichzeitiger Werke stark heraus. Während
der Bart, wenn man hier den abgebrochenen Teil ergänzt denkt, in seiner Form
nicht wesentlich von verwandten Köpfen abweicht —- der Kalbträger und der Aristion
wären heranzuziehen — giebt es keine Analogie für scheinbar so kurz geschorenes
Haar. Man hat bisher für diese Thatsache keine andere Erklärung versucht, als
die, dafs der Kopf ein Porträt eines Mannes sei, der so kurzes Haar zu tragen
pflegte. Und so gilt der Kopf als ein Porträtkopf im engeren Sinne. Auffallend bliebe
schon an und für sich in Zeiten von so ausgeprägten Sitten, die gerade für die langen
künstlich‘geordneten Haare des Mannes durch eine so grofse Zahl von Denkmälern
belegt werden, auffallend bliebe immer eine Persönlichkeit, die so ganz der herrschenden
Sitte entgegen das Plaar kurz geschoren hätte. Auffallend war ferner immer die
Thatsache eines Porträts in so alter Zeit, die sich nicht dem fügen will, was wir
sonst von Religion, Kunst, Kultur und Leben des sechsten Jahrhunderts wissen. Was
in dem Kopfe so stark und individuell wirkt, wird eher auf die persönliche Kraft
des Künstlers als auf ein bestimmtes zu Grunde liegendes Naturobject zurückgehen.
Ohne jene eigentümliche Haartracht würde man ursprünglich nicht auf den Ge-
danken gekommen sein, den Kopf für ein Porträt zu halten, und in ihr liegt, wie
ich im Gegensatz zu anderen auch jetzt noch glaube, wesentlich das scheinbar
porträthafte in unserem Sinne.
Aber die Annahme kurz geschorener Haare erklärt nicht alle Seltsamkeiten
des Kopfes. Jene angeblichen Haare gehen nämlich hinter den Ohren ziemlich
weit hinunter und bis dicht an die Ohren heran. Das wäre nicht wunderbar bei
langem Haar, welches dahin fallen konnte, aber kurzgeschorenes darf doch nur da
sein, wo das Haar zu wachsen pflegt, und die unmittelbare Umgebung des Ohres
pflegt von Haaren frei zu sein. Auch wächst das Haar wohl kaum jemals so tief
in den Nacken, und vor allem bedeckt es niemals hinter dem Ohre die Stelle, wo
unter der Haut der Warzenfortsatz des Schläfenbeines liegt. Es wäre ein monströser
Haaransatz, wie er hier erscheint. Ähnlich scheint es bei dem sogen. Pherekydes
in Madrid zu sein und ich schliefse ihn daher frageweise in die folgende Hypothese
 
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